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Die Biskaya - rau, unberechenbar und absolut faszinierend!

Sonnen, Wolken, Biskaya
Sonnen, Wolken, Biskaya

Kann man eine einzige Sache gleichermaßen lieben und hassen (also quasi Hasslieben)?



Wie oft habe ich mir diese Frage schon über das Segeln gestellt. In meiner relativ kurzen "Seglerkarriere" habe ich auf jeden Fall eines ziemlich schnell lernen dürfen:


"Die See und das Wetter sind faszinierend und unberechenbar zu gleich."


Außerdem  entsprechen sie natürlich auch nie meinen Ansprüchen, sodass ich immer etwas zu beklagen habe. 



Mal ist der Wind zu wenig und der Motor zu laut. 


Dann ist der Wind zu viel und die Wellen zu groß. 


Manchmal kommen Wind und Wellen aus der falschen Richtung und das Boot stampft sich fest (das knallt sag ich euch).


Und manchmal sieht man am Horizont schon Wolken, die schlechtes Wetter androhen (z.B. ein Gewitter), wobei mich die Angst vor dem was kommt, voll in seine Zwänge nimmt.



Immer wieder aufs Neue begibt man sich in Situationen, die einen unglaublich herausfordern und aus seiner persönlichen Kompfortzone drängen. 




Auf der anderen Seite stehen dann aber die unzähligen Orte, die man erreicht und bestaunen kann. Überall gibt es neue Highlights zu entdecken und man erlebt unendlich viele Eindrücke und tolle Dinge. 

Das absurde daran? 

Kaum hat man alles entdeckt und gesehen, will man wieder raus aufs Wasser und das fluchen bzw. beschweren geht in eine neue Runde. 


Wie Sven das mit mir aushält? Keine Ahnung! 




Was haben wir uns im Vorfeld für Gedanken über die Biskayaüberquerung gemacht, nach all den Berichten die wir gesehen und gelesen hatten. 


Wie werden die Kontinentalspalten, an denen doch anscheinend immer eine spitze Welle entstehen muss?  


Wie wird die Mischung aus der Atlantikwelle und der oben drauf entstehenden Windsee (Wellen die vom Wind gemacht sind)?

 

Bleibt das Wetter uns wohlgesonnen oder gibt es eventuell auch hier Überraschungen für uns? 


Und vor allem, wie kommen wir mit so langer Zeit auf See zurecht? Entsteht wirklich irgendwann eine neue Form von Alltag, von der alle sprechen?


Kaum waren wir am Donnerstag aus der Bucht von Camaret raus auf dem offen Meer, schlief der Wind ein, der Motor ging an, die erste große Atlantikdünung von 1 bis 2 Metern erreichte uns und der Nebel meinte uns vor der Küste fressen zu müssen. 

Grund zur Sorge? 

Keineswegs, wenn dich währenddessen ein ganzer Schwarm Delphine begleitet und vergnügt um den Willy drumherum springt. Das sind immer wieder absolut bewegende und bezaubernde Momente, die man durch und durch genießen kann. 

Als Sven um 19 Uhr in den Salon zum schlafen gegangen ist, durfte ich meinen ersten wundervollen Sonnenuntergang (natürlich mit Delphinen in der Ferne) genießen. Was ein unbeschreibliches Gefühl. 


Kaum hatte uns die Nacht dann so richtig erreicht, übernahm Sven gegen 0 Uhr die sogenannte "Hundewache". Doch auch ihm wurden wundervolle Erlebnisse beschert. Ein Sternenhimmel soweit das Auge reicht und dazu? Dutzende Sternschnuppen! 

Na wenn unser Unterfangen da mal nicht unter einem guten Stern steht. 


Irgendwann zwischen 4 und 5 Uhr übernahm ich dann (wie jeden Tag) die Wache und durfte einen traumhaften Sonnenaufgang genießen (siehe Bilder). So einen roten Horizont, habe ich noch nie in meinem Leben gesehen und über dies hinaus, vergisst man einfach wie die Wellen einen herum schaukeln. 

Passend dazu konnten wir auch endlich Segel setzen, was die ganze Situation einfach noch schöner gemacht hat. Nicht nur das das Boot dann deutlicher entspannter im Wasser liegt, auch die Geräuschkulisse mit Wind und Wellen ist wundervoll.


Leider zogen dann am nächsten Abend dicke Wolken auf, die uns auch bis nach Spanien begleiteten. Aber, der Wind bließ beständig und konstant von achtern.


Die erste Kontinentalspalte?  

Haben wir gar nicht bemerkt, denn wenn wir eins gelernt haben auf dieser Tour ist es: 

"Die See und das Wetter bleibt nie lange unverändert."


Ständig gab es mal ein bisschen mehr kabbelige See, ein bisschen häufigere große Atlantikwellen oder oder oder. Das gute daran? Wir durften erfahren, dass auch unangenehme Wellenkombinationen schnell wieder vorrüber gehen und entspanntere Zeiten kommen.


Außerdem kann man in solchen Phasen immer hervorragend schlafen (wie als Kind in der Wiege), woraus unser Alltag auch, neben Essen und Wachen, zumeist bestand.

Irgendjemand von uns war in den ersten Tagen immer am schlafen bzw. dösen im Cockpit. 


Am dritten Tag dann das verblüffende. Nachmittags schauten wir uns gleichzeitig an und hatten tatsächlich Langeweile (bis hierhin reichte schlafen und der Blick in die Freiheit aus, um sich zu beschäftigen). Also Laptop raus, Film aussuchen, Popcorn machen und schon konnte der Kinotag beginnen. 


Wir wollten es kaum glauben, sollte da etwa tatsächlich gerade Alltag einkehren? 


Einige Rituale (wie z.B. unsere alltägliche Tütensuppe zum Mittag, die den Magen wieder in Schwung brachte) hatten sich eh schon etabliert, aber nun erlebten wir irgendwie eine neu gewonnene Freiheit. Es drehte sich nicht mehr alles um Wind und Welle, sondern wir konnten wieder zu anderen Interessen übergehen.

Vor allem von mir, hätte ich das nie erwartet. 


Passend zum Anbruch der dritten Nacht erreichten wir dann die Kontinentalspalte vor Spanien. Tatsächlich wurde die See ein wenig kabbelig und durcheinander, allerdings in keinster Art und Weise steil. Und während wir etwas unangenehm hin und her geschaukelt wurden,  besuchten uns wieder einmal unglaublich viele Delphine. Während wir ihnen sogar beim Salto in der Luft schlagen    zusehen konnten, war auch die Kontinentalspalte wieder nur Nebensache für uns.


Die letzte Nacht war dann nochmal ein besonderes Erlebnis. Der Wind frischte ein wenig auf und unser Willy rauschte nur so durch die kabbelige See. Ihr glaubt gar nicht was das für Spaß macht, solange man nicht unten drin liegt und versucht zu schlafen (an dieser Stelle macht das rauschen der Wellen an der Bordwand und das klappern der Segel, ein wenig Unbehagen).

Da wir nicht im dunkeln in A Corona einlaufen wollten, sind wir nach genau 70 Stunden und 3 Nächten auf See in Muxia gelandet.





Unser Fazit: 

Der Willy ist ein absoluter Goldschatz, da er uns rundum ein sicheres Gefühl gegeben hat. Vor allem in den Momenten, in denen das Heck so hoch gehoben wurde, das der Anker vorne das Wasser berührte, fühlte man sich in der Mitte sitzend, wie ein König.


Außerdem hat Segeln eindeutig etwas mit der persönlichen Verfassung und inneren Gestimmtheit zutun (startet man gut ausgeruht und entspannt, kann man auch deutlich entspannter auf verschiedene Situation reagieren). Es war für uns ein wahnsinns Erlebnis, was uns unglaublich viel Mut für Neues und Sicherheit in uns und unsere Fähigkeiten gegeben hat. Eine Tour, ganz ohne Beschweren, Fluchen oder Misstrauen. Nur mit Staunen, Bewundern und Genießen. 



Ich glaube, nun habe auch ich die Liebe fürs Segeln entdeckt! 

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Kommentare: 1
  • #1

    Anna-Maria Popovic (Dienstag, 11 August 2020 19:14)

    Boah ihr seit der Hammer und so Mutig meine Bewunderung habt ihr � bin aber auch neidisch DELPHINE ��� so wunderschön hoffe ich darf diese wunderschönen Meeresbewohner irgendwann mal aus der Nähe betrachten � danke für die wunderschönen Bilder, Video und Zeilen � euch weiterhin so tolle Abenteuer. Bleibt Gesund LG Anna